Intention der Beruflichen Bildung
Bildungsauftrag
Die Schule hat eine Grund- und Fachbildung zum Ziel und erweitert die vorher erworbene allgemeine Bildung. Damit soll sie „zur Erfüllung der Aufgaben im Beruf sowie zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung befähigen“ (KMK Rahmenlehrpläne).
Didaktische Grundsätze
„Die Zielsetzung der Berufsausbildung erfordert es, den Unterricht an einer, auf die Aufgaben der Berufsschule zugeschnittenen Pädagogik auszurichten, die Handlungsorientierung betont und junge Menschen zu selbstständigem Planen, Durchführen und Beurteilen von Arbeitsaufgaben im Rahmen ihrer Berufstätigkeit befähigt“ (vgl. KMK Rahmenlehrpläne).
Kurz:
- Berufsbezogen
- Orientiert an der beruflichen Handlung
- Kompetenzorientiert
Zieldimensionen beruflicher Bildung
Der Begriff Kompetenz und der Kontext, in dem er Verwendung findet, bleibt weiterhin bemerkenswert diffus – wozu nicht zuletzt die übermäßige Verwendung des Suffixes “-kompetenz“ beiträgt. Der Kompetenzbegriff wird in der Lehrer:innenbildung durchaus unterschiedlich interpretiert und ausgelegt, was zu spezifischen Definitionen des Begriffes führt. Breiten Konsens findet die Definition von Weinert (vgl. 2001, S. 17-31), die sich leicht abgewandelt auch die Berufliche Bildung zu eigen gemacht hat und in diesem Sinne im Weiteren verwendet wird.
Als beruflich kompetent gilt, wer über Wissen (explizit und implizit), Fertigkeiten (kognitive wie motorische) und individuelle wie soziale Fähigkeiten bzw. Dispositionen (anthropologisch und sozio-kulturell) verfügt, die in variablen Situationen berufsbezogen, wertekonform angewandt werden können.
Kompetenz setzt sich demzufolge aus drei Dimensionen – Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten (kurz: Wissen, Können, Wollen) – zusammen, die einander bedingen und deren komplexes Zusammenwirken eine Kompetenzbestimmung bzw. deren Taxonomierung diffizil gestaltet.
Die Definition von Bader und Müller (2002), die ebenfalls häufig in der Literatur zu finden ist, zielt in die gleiche Richtung: „Handlungskompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen, privaten und gesellschaftlichen Situationen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln“.
Kompetenzen können nur erworben, nicht „vermittelt“ werden. Sie sind subjektbezogen. Die Entwicklung von Handlungskompetenz ist als ein lebenslanger Prozess zu begreifen, den Berufsbildung in einer bestimmten Phase zu strukturieren und zu unterstützen hat.
Zieldimensionen beruflicher Bildung nach KMK
Maßgeblich für die Berufliche Bildung sind die Vorgaben der KMK. Die Handlungskompetenz umfasst dabei die Dimensionen:
- Fach/Methodenkompetenz
- Sozialkompetenz
- Humankompetenz
Inklusiv der Zieldimensionen bzw. Verhaltensbereiche:
- kognitiv (Kopf)
- affektiv (Herz)
- psychomotorisch (Hand)

Quelle: Eigene Darstellung
Fach- und Methodenkompetenz
… ist die Fähigkeit und Bereitschaft, Aufgabenstellungen selbstständig, fachlich richtig und methodengeleitet zu bearbeiten und das Ergebnis zu beurteilen.
Fachkompetenz:
- gliedert sich in berufsbezogene Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten und die Übertragung dieser auf neue berufliche Aufgaben. Diese müssen erkannt, Problemlöse- und Entscheidungsverfahren beherrscht und beurteilt werden.
- beinhaltet gleichfalls extrafunktionale Qualifikationen: logisches, analytisches, abstrahierendes, integrierendes Denken sowie das Erkennen von System- und Prozesszusammenhängen.
- korrespondiert mit dem Ziel der Befähigung zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, die insbesondere selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren einschließt.
- Beispiele: systematisch arbeiten, zielgerichtet arbeiten, Pläne lesen, Qualität sichern, Arbeitsabläufe optimieren, Arbeitsergebnisse kontrollieren, Probleme eingrenzen, selbstständige Informationsbeschaffung
Humankompetenz (Personalkompetenz)
… bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, als Individuum die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen in Beruf, Familie und öffentlichem Leben zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln.
Humankompetenz:
- beinhaltet die Fähigkeit, sich selbst und anderen gegenüber verantwortungsvoll zu handeln (Meyser/Uhe).
- zielt insbesondere auch auf die Entwicklung durchdachter Wertvorstellungen ab.
- Beispiele: Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Sorgfalt, Einsatzfreude, eigene Stärken und Schwächen erkennen, Weiterbildung, Bedürfnisse/Interessen artikulieren, Flexibilität, Ausdauer zeigen, selbstkritisch sein, Kreativität
Sozialkompetenz
… bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, soziale Beziehungen und Interessenlagen, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit Anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen.
Sozialkompetenz beinhaltet
- die Fähigkeit zur Kooperation, Konfliktbewältigung, Kommunikation und zur Interaktion. Soziale Beziehungen und Interessenlagen müssen erfasst und verstanden werden. (Meyser/Uhe)
- insbesondere die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität.
- Beispiele: kooperativ arbeiten, Teamfähigkeit, Toleranz, Sachlichkeit, Rücksicht nehmen, arbeitsteilig vorgehen, Kritik fair üben, eigene Interessen zurückstellen.
Taxonomie der Beruflichen Bildung
Wissen
Es gibt verschiedene Arten von Wissen, z. B. fachliches –, implizites –, Erfahrungs-, Arbeitsprozesswissen (siehe Exkurs III). Wissen besteht vor allem aus kognitiven Elementen, ohne dass diese bei den verschiedenen Wissensformen operationalisierbar bzw. explizierbar und damit zugänglich sein müssen.
Arbeitsprozesswissen
“Work process knowledge means an understanding of the entire work process in which the respective person is involved, in terms of its product-related, technical, work organization, social and system-related dimensions.” (Kruse).
[Übersetzt: Arbeitsprozesswissen bedeutet ein Verständnis des gesamten Arbeitsprozesses, an dem die jeweilige Person beteiligt ist, hinsichtlich seiner produktbezogenen, technischen, arbeitsorganisatorischen, sozialen und systembezogenen Dimensionen.]
Erfahrungswissen
Dieses entsteht durch subjektbezogene Erfahrungen in der Arbeits- und Lebenswelt und umfasst alle Bereiche, die menschliches Handeln bestimmen: kognitive, soziale, emotionale, intuitive, etc. Erfahrungswissen bildet sich durch bewusstes (reflexives) und durch unbewusstes (implizites) Lernen.
Können
Berufliches Können steht in engem Zusammenhang mit beruflichem Wissen. Beides manifestiert sich in beruflicher Handlungskompetenz. Die berufliche »Könnerschaft« entwickelt sich im Laufe des Berufslebens immer weiter.
Qualifikation
Qualifikationen bestehen aus Wissen bzw. Kenntnissen, Fertigkeiten (und Fähigkeiten), um Tätigkeiten auszuführen. Qualifikationen sind objektbezogen. Sie werden nachgefragt und sind mess- bzw. bewertbar.
Kompetenz
Unter Kompetenzen werden Leistungsdispositionen verstanden, die Individuen dazu befähigen, Aufgaben anforderungsgerecht und in sozialer, ökonomischer und ökologischer Verantwortung zu erfüllen. Die Entwicklung von Kompetenzen ist ein subjektbezogener Prozess. Kompetenzen können daher erworben aber nicht vermittelt werden!
Sie werden oft in Verbindung mit einer beruflichen Identität gesehen. Menschen, die sich die Anforderungen, die an den Beruf gestellt werden, zu eigen machen und fachkompetent handeln, haben sich mit ihrem Beruf identifiziert. Berufliche Identität entsteht parallel zur beruflichen Kompetenzentwicklung. Bedingung für die Entwicklung beruflicher Identität ist das Wissen darüber, was ein beruflicher Experte wissen und können muss, um als solcher in der beruflichen Praxisgemeinschaft akzeptiert zu werden.
Bildung
Bildung ist die Grundlage für ein selbständiges, kompetentes und verantwortliches Handeln in Beruf und Gesellschaft. Sie kann als ein nichtexistierender „Weg“ gesehen werden, der erst in einem (individuumimmanenten) Prozess entsteht.
Bildung manifestiert sich in Sprache – in dem Zusammenhang von humanem Denken, Sprechen und Handeln (vgl. Siebert 2008, S. 141).
„Education is what survives when what has been learned has been forgotten.“ (Skinner)
Exkurs III
Umgangssprachliche werden die Begriffe Daten, Informationen und Wissen oft synonym verwendet bzw. im falschen Kontext angewandt. Im Sinne der Verantwortung eine Fachsprache sinnvoll anzuwenden, soll dies hier einmal kurz ausklamüsert werden.

Quelle: Eigene Darstellung
Beispiel
| Zeichen | Werden mit Syntax zu Daten | Die für einen Mensch der die Bedeutung kennt zur Information werden | Die im Kontext dann als abrufbares Wissen zumindest zeitweise vorhanden ist. |
| 250520201530 | 25.05.2020 15:30 | Datum und Uhrzeit | Meeting an XXX um XX |
Wissen
Subjektbezogen; Von Wissen kann gesprochen werden, wenn Information kognitiv verknüpft ist und in verschiedenen Situationen (zur Problemlösung), wiedergegeben angewendet oder transferiert werden kann.
Ob Wissen vermittelt oder weitergegeben werden kann, wird kontrovers diskutiert. Im Sinne der obigen Definition können nur Daten weitergegeben werden, die sofern die/der Empfänger:in ihnen eine Bedeutung beimessen kann, zur Information wird und diese dann durch die kognitive Vernetzung im subjektimmanenten Kontext zu Wissen wird. Wissen ist somit wie Erfahrung nach dieser Definition nicht direkt vermittelbar bzw. weitergebbar, sondern muss aktiv vom Individuum ver/erarbeitet bzw. gemacht werden.
Wissensklassifikationen
Im Lauf der Zeit wurden verschiedene Wissensklassifikationen (vgl. Gassmann 2013 S. 79)
entwickelt; in der Beruflichen Bildung werden die folgenden häufig herangezogen:
− deklaratives – prozedurales Wissen (Control-of Thought-Theorie)
− knowing how – knowing that (Ryle)
− explizites – implizites Wissen (Neuweg, Polanyi)
− handlungswirksames – träges Wissen (Renkl)

NachMeddlw
„Im Internet ist überhaupt kein Wissen [Information, Anmk. D. A.] verfügbar – für Wissen braucht es das Gehirn.“ (Henning Beck 2020)
