3.2.4.9 Lehrstrategien (Artikulationsschemata)

Unter Lehrstrategien versteht man Verfahren, die durch typische Verlaufsphasen charakterisiert sind.

3.2.4.9.1 Experiment

Das Experiment im Unterricht ziel auf Erkenntnisgewinn oder Erkenntnisanwendung (im Sinne einer Methodenkompetenzförderung).

Unterscheiden kann man

  • Lehrer:innenexperimente
  • Schüler:innenexperimente

 Beide Formen haben jedoch typische drei Phase:

  • Vorbereitung
  • Durchführung
  • Auswertung und Schlussfolgerung
Querverweis
Literatur
Hüttner, A. (2009): Technik unterrichten. Methoden und Unterrichtsverfahren im Technikunterricht. 3. Aufl., 1. Dr. Haan-Gruiten: Verl. Europa-Lehrmittel Nourney Vollmer. S. S133 ff.
3.2.4.9.2 Sechs-Stufen-Methode

Diese Methode ist orientiert an der vollständigen Handlung, welche im weitesten Sinne auf die Theorie der Handlungsregulation von Hacker und Volpert zurückgeht; der Unterschied zu den Phasen eines Projekts ist marginal. Bei der Methode legt der/die Lehrende zwar die Lehr/Lernziele fest, ist aber nicht mehr in der Rolle des Wissensvermittlers. Er/Sie moderiert nur noch den Lernprozess. Lernenden bearbeiten die Aufgaben selbstständig und in ihrem eigenen Lerntempo. Oft wird diese Methode auch mit Lernen an Stationen oder der Leittextmethode verknüpft (Koch/Selka 1991).

Zur vollständigen Handlungsregulation gehören die sechs Phasen:

  1. Informieren
  2. Planen
  3. Entscheiden
  4. Ausführen
  5. Kontrollieren
  6. Bewerten

Es lassen sich sowohl kognitive, affektive sowie psychomotorische und methodische Lehrziele erreichen.

3.2.4.9.3 Projekte

Der Projektgedanke ist schon recht alt. Seine Tradition geht auf die amerikanischen Pädagogen Dewey (1859 – 1952) und seinen Schüler Kilpatrick (1871 – 1965) zurück. Neben dem Begriff „Projekt“ werden auch die Ausdrücke „Projektmethode“, „Projektunterricht“ oder „Projektorientierter Unterricht“ verwendet.

Beim projektorientierten Lernen steht das Handeln-lernen im Zentrum des Lernkonzepts. Dabei soll die Handlung prozessual und ganzheitlich gestaltet sein, womit ein zielgerichtetes Handeln der Lernenden gefördert werden kann. Die Schüler:innen sind aufgefordert, auf dem Weg zum Ziel erworbene Kompetenzen aus anderen Unterrichtsfächern zu nutzen. Hierbei können die Lernenden, anders als im klassischen lehrerzentrierten Unterricht, bereits selbst gesammelte Erfahrungen einbringen und anwenden.

Projektorientiertes Lernen kann man als eine offene Lernform bezeichnen, die folglich unterschiedlich definieret wurde.

Unterschiedliche Auffassungen des Projektbegriffs (Sebe-Opfermann 2015)

Dewey
Für Dewey nur ein Projekt, wenn die Idee und die Ziele von den SuS kommen.
Kilpatrick definiert den Begriff der Projektmethode als „planvolles Handeln aus ganzem Herzen, das in einer sozialen Umgebung stattfindet.“
Frey hat den Begriff von der Projektmethode von Dewey und Kilpatrick übernommen, diesen jedoch neu definiert.

Frey versteht unter der Projektmethode heutzutage eine Lernform, die eine bildende Wirkung hat. Sie beschreibt den Prozess, den Lehrende und Lernende gemeinsam durchlaufen, um sich weiterzubilden. Grundsätzlich kann jeder beliebige Ausgangspunkt als Projekt aufgegriffen und mit dieser Methode bearbeitet werden. Dabei muss das Projekt nicht zwingend ein Problem beinhalten. Das Besondere an der Projektmethode im Vergleich zu herkömmlichem Unterricht ist, dass beliebige Inhalte auf eine sehr spezielle Art und Weise (durch 7 Komponenten) behandelt werden. Dabei soll die Trennung von Inhalt (Was) und Methode (Wie) vermieden werden.

Gudjons und Hänsel prägten den Begriff des Projektunterrichts.

Ein zentraler Unterschied zu Freys Projektmethode besteht darin, dass im Projektunterricht nicht jeder beliebige Inhalt behandelt werden kann. Stattdessen muss die Projektinitiative ein echtes Problem für die Schüler darstellen (Gudjons/Hänsel). Außerdem hat der Projektunterricht seine Grenzen dort, wo andere Unterrichtsformen ihren berechtigten Platz haben (Gudjons). Im Projektunterricht kommt die Projektmethode am konsequentesten zum Einsatz (Hänsel). Wenn sich die Arbeit einer Projektgruppe nur auf einige Aspekte (2-3) der Projektmethode beschränkt, spricht man von projektartigem Lernen (Frey). Ebenso wird von projektorientiertem Unterricht gesprochen, wenn nur einige Merkmale des Projektunterrichts erfüllt sind (Gudjons).

(Quelle: Andreas Sebe-Opfermann. Unter http://www.oesi.de/projekt1.html#3)

Vertreter und ihre Definitionen
A. Dewey/Killpatrick

In Bearbeitung …

B. Herbert Gudjons

Gudjon arbeitet in seinem Ansatz „eine Systematik von Schritten und Merkmalen“ (Gudjon 2001, S. 78) heraus, die zu einem Projektunterricht gehören.

A: Eine für den Erwerb von Erfahrungen geeignete, problemhaltige Sachlage auswählen.

  • Situationsbezug und Lebensweltorientierung:
    Gegenstand der Projektarbeit sind Aufgaben oder Probleme, die sich aus dem „Leben“ ergeben, d. h. ihr Bezugsrahmen ist nicht die Systematik der Wissenschaft.
  • Orientierung an den Interessen der Beteiligten:
    Thema der Projektarbeit sind Lerngegenstände, die für die Lernenden interessant sind, weil sie Bedeutung für ihre aktuelle Lebenssituation haben.
  • Gesellschaftliche Praxisrelevanz:
     Im Idealfall greift die Projektarbeit in die lokale oder regionale Entwicklung ein und verändert damit ein Stück der gesellschaftlichen Wirklichkeit, d. h. Schulen werden durch die Projektarbeit zu „Werkstätten“, in denen etwas produziert wird, das einen konkreten Gebrauchswert hat.

B: Gemeinsam einen Plan zur Problemlösung entwickeln

  • Zielgerichtete Projektplanung:
    Projektarbeit hat Ziele, ist also zielgerichtetes Tun, d. h., dass das im Zentrum stehende Endprodukt die Planung der einzelnen Arbeitsschritte steuert.
  • Selbstorganisation und Selbstverantwortung:
    Eine offene Planung, welche auf die Eigenverantwortung und die Organisation durch die Lernenden baut, ist eines der zentralen Merkmale der Projektarbeit.

C: Sich mit dem Problem handlungsorientiert auseinandersetzen

  • Einbeziehung vieler Sinne:
    In einem Projekt sollen geistige und körperliche Arbeit „wiedervereinigt“ werden. Theorie und Praxis werden im Idealfall ganzheitlich erlebt.
  • Soziales Lernen:
    Die Lernenden lernen nicht von der Lehrkraft, sondern in erster Linie voneinander und miteinander. Die Projektarbeit will demokratische Verkehrsformen anstelle von traditionellen Unterrichtsritualen fördern.

D: Die erarbeitete Lösung an der Wirklichkeit überprüfen

  • Produktorientierung:
    Nicht die „Lernbestandsveränderung“, sondern ein Produkt (ein Gegenstand, eine sich im Handeln niederschlagende Einstellungsänderung) ist Gegenstand der Projektarbeit.
  • Interdisziplinarität:
    Projektunterricht überschreitet Fächergrenzen, komplexe Lebenszusammenhänge stehen im Vordergrund.
  • Grenzen:
    Dem Projektunterricht und damit der Projektarbeit sind Grenzen gesetzt, da gewisse in der Schule behandelte Lerngegenstände nur schwer oder auf wenig effiziente Weise in die vorgestellte Lernform umgesetzt werden können.
C. Fritz Kath Wiegandt

Fritz M. Kath stellt Überlegungen zu der Gestaltung für Projekte in der Beruflichen Bildung (vgl. Kath 2002, S. 10) an. Für ihn ist das „Arbeiten mit Projekten“ eine Unterrichtsform, die er bewusst von einer Methode abgrenzt, da hierbei nicht zwangsläufig fachlich und systematisch vorgegangen werden muss bzw. festgelegte Ziele erreicht werden sollen. Das Arbeiten mit Projekten“ soll neben fachlichem Wissen auch Befähigungen vermitteln, die in der Gesellschaft benötigt werden, um ein Wertesystem entstehen lassen zu können. Dazu gehören zum Beispiel Fähigkeiten wie: sich selbst bestimmen, kooperieren, Verantwortung tragen, kommunizieren, helfen oder Kritik anzunehmen (vgl. Kath 1998, S. 54 f.).

Nach Kath wird das Arbeiten mit Projekten durch sieben Merkmale charakterisiert, die sich in sogenannten Realisierungsphasen wiederfinden (Kath 1994, S. 19 ff.)

Merkmale vom Arbeiten mit Projekten

  • Eine zentrale Stellung übernimmt der Problemlöseprozess als Lernstrategie, der zu erarbeitende Gegenstand kann sowohl abstrakt als auch konkret sein.
  • Beim Arbeiten mit Projekten sind immer mehrere Lösungen möglich […].
  • Es werden mehrere Realisierungsphasen unterschieden, die zur Strukturierung beitragen und Hilfestellungen geben und sich nicht am fachlichen Inhalt orientieren.
  • Das „Arbeiten mit Projekten“ ist immer auf ein Ziel orientiert, welches durch einen bestimmten Zweck erreicht werden soll.
  • Das „Arbeiten mit Projekten“ kann in unterschiedlichen Gruppengrößen und einzeln realisiert werden, dies ist abhängig vom Ziel und der Intention des Projekts und vom Kenntnisstand der Teilnehmenden.
  • In der Regel ist das „Arbeiten mit Projekten“ fächerübergreifend.
  • Die Be-, bzw. Erarbeitung ist mit einem Methodenpluralismus und dem Einsatz verschiedenster Instrumente verbunden.
D. Karl Frey Wiegandt

Karl Frey beschreibt die Projektmethode und legt als Terminologie folgende Begriffs­erklärungen fest (vgl. Frey 2009, S. 14 ff.):

  • die Projektmethode ist der Weg, „den Lehrende und Lernende gehen, wenn sie sich bilden wollen“
  • das Projekt ist das „konkrete Lernunternehmen, das eine Gruppe aushandelt, plant, durchhält oder auch abbricht“
  • projektartiges Lernen ist „ihr [die Gruppe] Tun“ wenn dieses nicht der vollen Projektmethode entspricht, sondern beispielsweise nur zwei oder drei Komponenten berücksichtigt.
Merkmale der Projektmethode nach Frey

Es handelt sich hier um eine Auswahl. Für die vollständige Übersicht sei auf Frey (2009, S. 16f.) verwiesen.

Die Teilnehmer:innen an einem Projekt …

  • greifen eine Projektinitiative von jemandem auf (z. B. ein Thema, Erlebnis, Tagesereignis, Problem).
  • entwickeln die Projektinitiative zu einem sinnvollen Betätigungsgebiet.
  • organisieren sich in einem begrenzten zeitlichen Rahmen selbst.
  • nutzen die veranschlagte Zeit, z. B. durch Planen und Einteilen für die verschiedenen Tätigkeiten.
  • informieren sich gegenseitig in gewissen Abständen […].
  • beschäftigen sich mit einem relativ offenen Betätigungsgebiet. Dieses ist nicht im Voraus in kleine Lernaufgaben und –schritte aufbereitet.
  • setzen sich gewisse Arbeitsziele und/oder vereinbaren einen Arbeitsrahmen.
  • befassen sich mit realen Situationen und Gegenständen, die ähnlich auch außerhalb der momentanen Lernsituation vorkommen können.
E. Dagmar Hänsel

Inhaltsbezogene Aufgaben (Projektunterricht als Unterricht von bestimmter Form)

  • Eine wirkliche Sachlage auswählen, die für die Schüler ein wirkliches Problem darstellt.
  • Einen gemeinsamen Plan zur Problemlösung erstellen.
  • Eine handlungsbezogene Auseinandersetzung mit dem Problem herstellen.
  • Die gefundene Problemlösung an der Wirklichkeit überprüfen.

Methodenbezogene Aufgaben (Projektunterricht als pädagogisches Experiment)

  • Die Voraussetzungen des Experiments klären.
  • Das Ziel des Experiments bestimmen.
  • Versuchsbedingungen herstellen.
  • Das Ergebnis des Experiments überprüfen.