3.2.1 Intentionen – Lehr-/Lernziele[1] [WAS; WARUM]

Bei einer kompetenzorientierten Lehre sind nicht die Inhalte, sondern die Lehr/Lernziele das Entscheidende. Es geht nicht darum welche Inhalte gelernt werden sollen, sondern was der Lernende wie lernen sollte, damit er am Ende professionell handeln kann.

(siehe Bildungsauftrag KMK Rahmenlehrpläne)

„[…] zur Erfüllung der Aufgaben im Beruf sowie zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung befähigen.“

Lehrziele beschreiben ein durch den Unterricht beabsichtigtes und beobachtbares Endverhalten oder eine Qualifikation der Schüler:innen. Sie werden in vier Ebenen und bezüglich ihrer Intension unterteilt.

Ebenen der Lehr/Lernziele
  • Leitziele
    umfassen oberste Bereiche pädagogischer Aufgaben und Absichten (gesellschaftliche Werte und Normen).
  • Richtziele
    definieren die Zielbereiche, z. B. fachbezogene oder fachübergreifende Ziele.
  • Grobziele
    beschreiben den Lerngewinn innerhalb eines Lernfeldes. Wird i. d. R. gleichgesetzt mit den Zielformulierungen in den Lernfeldern.
  • Feinziele (inklusiv Teillehrziele)
    sind ausdifferenzierte Ziele, die mit dem Unterricht erreicht werden sollen. Die operationalisierten Lehrziele werden von der Lehrkraft, für jede Lehreinheit und Klasse, definiert.
Funktionen von Lehr/Lernzielen

„Der Versuch ohne Zieldefinition zu unterrichten und Urteile zu fällen entspricht denn Aufbruch zu einer Reise, ohne zu wissen, wohin man will. Es mag für einige Zeit ganz reizvoll sein, umherzuwandern; es muss jedoch bezweifelt werden, ob ohne Richtungskenntnisse irgendwelche Fortschritte zu erzielen sind.“

(Noll & Scannel 1972 zitiert nach Mitzel 2017 S. 554)

Lehr/Lernziele …

  • geben die Richtung und den Inhalt der Lehreinheit vor, die u.a. durch Curriculum und zentrale Prüfungen bedingt sind
  • sind Orientierung für den Lehrenden und helfen bei der Planung der Lernaktivitäten
  • geben den Lernenden Orientierung und
  • können sinnstiftend und motivierend wirkend
  • sind die Grundlage für die Lernerfolgskontrollen.
Dimensionen von Lehr/Lernzielen
Es gibt allgemeine und fachliche Lehr/Lernziele.
Sie werden in drei Dimensionen unterteilt, die sich schon bei Pestalozzi finden (Herz, Hand und Kopf (Verstand)):

–     Kognitiv & metakognitiv*
Wissen und Können/Fertigkeiten
–     Affektiv
Einstellungen, Werte, Dispositionen, Moral, Ethik, Normenakzeptanz
–     Psychomotorisch
Fertigkeiten bezogen auf die Motorik

*Fähigkeit über das eigene Denken nachzudenken. In Bezug auf das Lernen wird darunter subsumiert, was ein Lernender über seine eigene Lern- und Leistungsfähigkeit sowie seine genutzten Lernstrategien weiß.

Bezug, Dimension und Niveaustufen
Lehr/Lernziele – Bezug, Dimensionen und Taxonomien
Quelle: Eigene Darstellung.
Operationalisierte Lehrziele

Die Idee der operationalisierten Lehrziele wird im Rahmen der Kompetenzorientierung häufig als veraltet angesehen.

Es zeigt sich jedoch, dass eine transparente Bewertung bzw. Beurteilung oder eine Überprüfung der erreichten Lehrziele i. d. R. nur auf Basis eines differenzierten Kriterienkatalogs oder einer Operationalisierung zu realisieren ist.

Bei der Formulierung der Lehrziele sind zwei Fragen leitend.

  • Was soll ich bei den Adressaten verändern? Verhalten, Denken, Wissen, Fertigkeiten, Einstellungen.
  • Wie kann überprüft werden, ob die Lehrziele erreicht wurden?

Zu operationalisierten Lehrzielen gibt es verschiedene Ansätze:

I: Operationalisiert Lehrziele

Ein ausformuliertes operationalisiertes Lernziel weist drei – vier spezifische Komponenten auf:

  • Beobachtbare Verhaltensweisen (nennen, erläutern, …)
  • Bedingungen (Hilfsmittel, Zeitvorgaben, etc.)
  • Bewertungsmaßstab (vier von sechs Aufgaben, Kriterien für die Qualität, …)
  • Ggf. Zeitangabe

Beispiele:

Der/Die Schüler:in soll 8 von 10 Bruchgleichungen (Maßstab) ohne Hilfsmittel/mit Taschenrechner, alleine (Bedingung) umstellen können (Verhalten – Tun).

Die Schüler:innensollen mithilfe des Tabellenbuchs in 8 Minuten die Richtungstoleranzen und ihre Symbole zusammenstellen.

II: Definition nach Schelten

 „Lernziele beschreiben das angestrebte Lernergebnis, über das ein Schüler am Ende eines Lernvorganges verfügen soll.“          
„Ein Lernziel legt das angestrebte Ergebnis zum einen dem Inhalt und zum anderen dem Verhalten nach fest.“

Beispiel:

Die Schüler:innen sollen am Unterrichtsende die Formel für die Berechnung der Schnittgeschwindigkeit beim Drehen (auswendig) aufsagen können.

Die SuS sollen die Steuerung an einer Anlage aufbauen und auf Funktion prüfen können.

SuS sollen das Blutdruckmessgerät fach- und sachgemäß anlegen und auf die Werte aufnehmen sowie ins Computersystem eingeben können.

III. Definition nach Mager

Verhaltensweise unter Angaben

  • der beobachtbaren Indikatoren,
  • Bedingungen unter denen das Verhalten gezeigt werden soll,
  • der Kriterien, mit denen der Lernfortschritt beurteilt werden kann.

(vgl. SECO 2010)

IV. Definition international – SMART
 SpecificSpezifisch, korrektKlare und exakte Zielbeschreibungen
 MeasurableMessbar, überprüfbarOperationalisierte (meßbare) Ziele – Präzise Formulierungen
 Attractive/ AchievableAttraktiv / ErreichbarErreichbar bzw Ansporn zum Erreichen der Ziele
 ReasonableRealistischRealisitsche Ziele, die unter den Rahmenbedingungen erreichbar sind.
 Time-framedTerminiert / ZeitrahmenZeitrahmen als Strukturhilfe vorgeben.
Zusammenfassung

Die Lehrzieleformulierung

  • beschreibt ein beobachtbares Verhalten
  • mit aktiven, eindeutigen Verben.

Eindeutige Formulierungen sind: nennen, beschreiben, anwenden, vergleichen zuordnen, erläutern….

Nicht eindeutig sind dagegen Verben wie: wissen, kennen, verstehen, vertraut oder informiert sein, interessiert ……

Querverweis
Literatur
Mietzel, G. (2017): Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens. 9., aktualisierte und erweiterte Auflage. Hogrefe. Kap. 2 S. 555
3.2.1.1 Lehrzieltaxonomien