Ein wichtiger Aspekt des Bildungsauftrags ist es, die Lernenden zur „Erfüllung der Aufgaben im Beruf sowie zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung [zu] befähigen“ (KMK Rahmenlehrpläne). Damit verantwortet die Lehrkraft auch die Lernenden auf die Leistungsanforderung der Gesellschaft, des Berufes oder weiterführende Bildungseinrichtungen vorzubereiten und den Leistungsstand durch entsprechende Leistungsbeurteilung für alle transparent zu dokumentieren (KMK 2014).
Definition
Im allgemeinen Sprachgebrauch werden verschiedene Begriffe (Beurteilung, Leistungsüberprüfung, Leistungsbeurteilung, Leistungserhebung, Leistungsbewertung, Leistungserbringung, Benotung, Notengebung, Evaluation, Feedback …) stellenweise synonym verwendet – daher zunächst eine kurze Definition.
Beurteilung oder Leistungserhebung
Die Beurteilung bzw. Leistungserhebung setzt sich zusammen aus einer Leistungsmessung bzw. -erhebung und einer Leistungsbewertung.
- Leistungsmessung/-erhebung:
(Standardisierte) Erhebung von Lernergebnissen (inkl.- spezifischer Skalierung). - (Leistungs-)Bewertung/Beurteilung/Benotung:
Bestimmung eines Wertes, auf Basis der Erhebung bzw. Messung, innerhalb eines skalierten Werteraums.
Feedback
Unter Feedback wird eine Rückmeldung an Personen bezüglich deren Leistungen bzw. Kompetenzen, Verhaltens oder der Wirkung (Fremdwahrnehmung) verstanden. Es ist häufig kriterienorientiert und kann (muss aber nicht) auf einer individuellen Skalierung basieren.
Evaluation
„Unter „Evaluation“ ist die systematische, empirische Analyse von Konzepten, Bedingungen, Prozessen und Wirkungen zielgerichteter Aktivitäten zum Zwecke ihrer Bewertung und Modifikation zu verstehen.“
(Rindermann 2020)
In der Schule spricht man in Zusammenhang mit der Beurteilung i. d. R. nicht von Evaluation.
7.1 Beurteilung
Unter Beurteilung wir das Erfassen von Leistungen von Schüler:innen auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe verstanden. Noten haben einen informativen, funktionalen Charakter.

7.1.1 Funktion der Beurteilung
- Soziale/gesellschaftliche (Kollektiv- und kriteriale Norm):
- Zeigt den Stand des Leistungsniveaus im Vergleich zu Standards (landesweit oder auch im Klassenverband)
- Informatorische:
- Informiert Meister, Eltern und Schüler:innen über den Leistungsstand (i. d. R. in Bezug auf die kriteriale Norm)
- Pädagogische:
- Gibt Rückmeldung über Leistungsstand, -entwicklung und ggf. über -potenzial
- Extrinsische (De-)Motivation
- Reflexiv:
- Grundlage für die Reflexion der „Effektivität“ des Lehrkrafthandelns
Beurteilungen haben einen formellen Charakter, sie werden für formal erbrachte Leistungen vergeben. Sie sollten daher nicht zur Disziplinierung oder aus (persönlicher) Befindlichkeit heraus missbraucht werden.
7.1.2 Bezugsnormen
Kriterienorientierte Norm, Lernzielnorm, Sachnorm oder kriteriale Norm
Die Leistung wird mit beschriebenen Standards verglichen
Sozial-/Kollektivnorm
Die Leistung des:r Einzelnen wird mit den Leistungen von Individuen, die eine Gruppe bilden, verglichen.
Die durchschnittlichen Leistungen einer Klasse oder Jahrgangs werden zur Norm (es entsteht die berühmte Gauß`sche Verteilung).
Individualform
Der Vergleich mit sich selbst – aufzeigen der individuellen Leistungsveränderung.
7.1.3 Beurteilungsdimensionen
- Wissen
- Können/Fertigkeiten
- (Individuelle Dispositionen)
___________________________________
∑ Kompetenzen
Es ist im Moment noch eine wissenschaftliche Kontroverse, ob Kompetenzen messbar sind. Kritiker bringen vor, dass i. d. R. die meisten Messungen Wissen und theoretische Fertigkeiten eruieren. Sie gehen davon aus, dass Kompetenzen in ihrer Komplexität kaum erfassbar geschweigenden messbar sind.
7.1.4 Gütekriterien einer Leistungserhebung
Die Leistungserhebung in gesellschaftlicher und humanitärer Verantwortung setzt voraus, dass die Gütekriterien eingehalten werden.
Kriterien sind:
- Objektiv
Unvoreingenommenheit der Erhebung gegenüber den involvierten Personen. - Valide
Eignung der Messung in Bezug auf die Fragestellung.
(Mit einem Lineal kann man schwerlich den Umfang einer Welle messen.)
Entspricht die Taxonomie der Frage auch der Niveaustufen auf der das Thema behandelt wurde? - Reliabel
Zuverlässigkeit einer Messung. Bei wiederholter Messung sollte ähnliches Resultat erzielt werden.
(Die Größe eines Menschen wird sich bei wiederholter Messung kaum ändern. Die Antwort auf die Frage nach dem Wetter oder wie es einem geht kann jedes Mal anders ausfallen.)
7.1.5 Durchführungsformate der Leistungserhebung
Formen
- Mündlich
Test/Prüfung
-> fachsystematisch oder problemorientiert (beruflichen Handlungsfähigkeit); Präsentation; Fachgespräch - Schriftlich
Test/Prüfung/Klausur; Ausarbeitung (Projektdokumentation; Laborbericht; Portfolio; Lerntagebuch usw.) - Offen
Bearbeitungsaufgaben:- vervollständig
- Kurzantworten
- freie Antworten
- Gebunden
Auswahlaufgaben:- Richtig/Falsch
- Mehrfachantworten: Multiple Choice, Zuordenaufgaben ….
- Praktisch
Observation (internship; job shadowing; Supervision …) - Kombinationen der Formen
Organisationsform
- Einzelarbeit
- Gruppenarbeit
Verfahren
Achtung: die Begriffe im Folgenden beziehen sich nicht auf die Bezugsnormen!
normorientiert
Typische Form ist die schriftliche oder mündliche Prüfung mit skalierten Aufgabenstellungen. Die Leistungsbeurteilung erfolgt auf Basis eindeutig, „objektiver“ Parameter (Wissen und Fertigkeiten).

kriterienorientiert
An Anforderungskriterien ausgerichtet, die sich häufig einer eindeutigen Messung/Skalierung/ objektiven Vergleich entziehen bzw. eine gewisse Subjektivität nicht ausgeschlossen werden kann (z. B. war das Lerntempo angemessen?).

individuumorientiert
Die erbrachten Leistungen (ggf. mit individuellen Kriterien) eines Einzelnen werden auf ihn selbst referenziert. Der Prozess der individuellen Entwicklung verschiedener Qualifikationen oder Fähigkeiten werden (nicht im üblichen Notenschema) festgehalten und erörtert.

7.1.6 Bewertungssysteme
- Buchstaben (A-F),
- Ziffern (1-6),
- Punkte …
- Ggf. auch eine Kombination (bspw. gymnasiale Oberstufe)
- (schriftliche Beurteilung – Kopfnoten)
-> operationalisiert – messbar – skaliert -> transparent
Klassifikation der Noten in Deutschland
| Note in Worten | Note (mit Tendenz) | Punkte | Roh-punkte | Notendefinition |
| sehr gut | 1+ | 15 | 95 % | Die Leistungen entsprechen den Anforderungen in besonderem Maße. |
| 1 | 14 | 90 % | ||
| 1− | 13 | 85 % | ||
| gut | 2+ | 12 | 80 % | Die Leistungen entsprechen den Anforderungen voll. |
| 2 | 11 | 75 % | ||
| 2− | 10 | 70 % | ||
| befriedigend | 3+ | 9 | 65 % | Die Leistungen entsprechen den Anforderungen im Allgemeinen. |
| 3 | 8 | 60 % | ||
| 3− | 7 | 55 % | ||
| ausreichend | 4+ | 6 | 50 % | Die Leistungen weisen zwar Mängel auf, entsprechen aber im Ganzen noch den Anforderungen. |
| 4 | 5 | 45 % | ||
| 4− | 4 | 39 % | Die Leistungen weisen Mängel auf und entsprechen den Anforderungen nur noch mit Einschränkungen. | |
| mangelhaft | 5+ | 3 | 33 % | Die Leistungen entsprechen den Anforderungen nicht, lassen jedoch erkennen, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden können. |
| 5 | 2 | 27 % | ||
| 5− | 1 | 20 % | ||
| ungenügend | 6 | 0 | 0 % | Die Leistungen entsprechen den Anforderungen nicht und selbst die Grundkenntnisse sind so lückenhaft, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können. |
7.1.7 Formale Fehler, Einflussfaktoren und Beurteilungsfehler
Im Beurteilungsprozess erfolgen sowohl formale Fehler als auch Beurteilungsfehler. Beurteilungsfehler entstehen bei systematisch verzehrenden Wahrnehmungstendenzen, die durch bestimmte Einflussfaktoren bedingt sind.
Formale Fehler bei der Erstellung, Durchführung und Korrektur von Leistungserhebungen
Bei der Erstellung
- nicht objektiv
- (nicht valide)
- (nicht reliabel)
- unzureichende oder ungenaue Beurteilungskriterien
- unpräzise Formulierung der Aufgabenstellung
- fehlerhafte Aufgabenstellungen oder Items
Bei der Durchführung
- falsche Zeitplanung
- fehlende Unterlagen
Bei der Korrektur
- Rechenfehler
- „unkorrekte Korrektur“
- Unaufmerksamkeit
- Skalierungsfehler
Fehlende Objektivität
Einflussfaktoren bzw. Beurteilungsfehler bei der Leistungsbeurteilung
Beurteilungsfehler beruhen häufig auf Wahrnehmungsverzerrungen, die sehr verschiedene Ursachen haben können.
| Subjektivität | Vorinformationen => Vorurteile / Voreingenommen /Stereotypenbildung Sympathie / Antipathie Emotionen / Stimmungsschwankungen Selektive Wahrnehmung – Etwas was eigene Vermutungen bestätigt wird vorzugsweise wahrgenommen |
| Wahrnehmungsprobleme | Halo-Effekt Aufgrund einer/mehrere auffallenden Eigenschaften wird auf die Persönlichkeitsmerkmale oder andere Eigenschaften geschlossen. (Offenheit und Freundlichkeit wird als sympathisch empfunden und daraufhin der Mensch positiv bewertet.) Logische Fehler Von der Ausprägung eines Merkmals wird auf ganz andere Merkmale geschlossen. (z.B. Mängel in der Rechtschreibung = Mangel an Intelligenz; Mündlich schlecht = schriftlich schlecht) Projektion Auch Similar to me – Effekt: Jemand ist einem ähnlich oder hat ähnliche Präferenzen und erscheint somit sympathisch oder „verständlich“. Pygmalion-Effekt / Selbsterfüllende Prophezeiungen Wird einem eine spezifische Erwartungshaltung entgegengebracht/geäußert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die andere Person sich entsprechend verhält. Nikolaus-Effekt Ereignisse, die kurz vor der Beurteilung liegen, wirken stärker auf dieselben ein wie länger zurückliegende Ereignisse (Vor Weihnachten brav sein, lässt den Ärger des Jahres leichter vergessen.) Interpretationsfehler Fehlinterpretation von verbalen, nonverbalen „Äußerungen“. Perserations-/Beharrungs-Tendenz Verhaftes sein in Gedanken und Handlungen oder auch der Einstellungen gebenüber des Leistungsvermögens einer Schülerin oder eines Schülers. |
| Skalierungsprobleme | Tendenz zu Extremen (Einseitigkeit) Die:r Beurteilende vergibt (nur) besonders gute oder schlechte Noten.Tendenz zur Milde oder Stenge (siehe auch Tendenz zu Extremen)Tendenz zur Mitte Die:r Beurteilende vermeidet besonders gute oder schlechte Noten.Schwankungseffekte Beurteilung im Laufe des Schuljahrs – Veränderung der NiveaustufenAttributionsfehler Nicht Berücksichtigung von situationsbedingten Faktoren (z. B. Ist Nervosität eine Grundeigenschaft oder ist es einer Prüfungssituation geschuldet?) |
Beurteilungsfehler können durch stete Reflexion verringert, aber selten komplett ausgemerzt, werden.
Querverweis
Links
Literatur
| Riedl, A. (2004): Gurndlagen der Didaktik. Franz Steiner Verlag. S.146 ff. G. Becker (2007): Unterricht auswerten und beurteilen. Handlungsorientierte Didaktik Teil III. Beltz. S. 61 Weinert, F.E. (2001): Leistungsmessung inder Schule. Beltz. |
7.1.8 Vorbereiten von Prüfungen
Eine Beurteilung basiert auf den intendierten Lehr/Lernzielen. Je sorgsamer Lehrziele und Lehrerfolgskontrollen in der Lehrskizze ausformuliert wurden, desto einfacher ist es eine schriftliche bzw. mündliche Prüfung zu erstellen.
Schriftliche Prüfung
Erstellung eines Leistungsnachweises – Klausur
Intentionen/Lehrziele (inkl. Taxonomie) + Lernerfolgskontrolle + Lehr/Lerninhalte + Bearbeitungszeit kalkulieren = Klausur.
- Lösungsblatt
- Beurteilungskriterien (bei Präsentationen etc.)
Gestaltung der Klausur
- Aussagekräftiger Kopf mit den wichtigsten Informationen und großen Felder für die Schüler:innendaten
-> Hilft bei der Organisation - Klare Aufgabenstellung
- Linien und genügend Platz für freie Antworten
- Seitennummerierung
- Das Format „3 von 6 Seiten“ vermindert das Risiko, dass Schüler:innen Seiten übersehen
- Ggf. Punktezahl für die Aufgaben
- Punktevergabe am Niveau der Aufgabe orientieren.
- Notenschlüssel ausarbeiten; ggf. Punkteverteilung anpassen
Durchführung
- Prüfungsdauer bekannt geben
- Erlaubte Hilfsmittel benennen
Mündliche Prüfung
- Intentionen/Lehrziele (inkl. Taxonomie) + Lernerfolgskontrolle + Lehr/Lerninhalte
- Fragenkatalog und Zeitplan erstellen
- Auswertungsprotokoll erstellen
- Bewertungskriterien festlegen
Praktische Prüfung
- Bewertungskriterien erarbeiten
- Auswertungsprotokolle erstellen
7.1.9 Und wie berücksichtig man Heterogenität?
In Bearbeitung …
7.1.10 Gestaltung von Prüfungssituationen
- Situation entkrampfen (Angst und Stress reduzieren)
- Beruhigende Rituale
- Von leicht nach schwer um Sicherheit zu geben
- …..
Querverweis
Literatur
| Quelle: G. Becker (2007): Unterricht auswerten und beurteilen. Handlungsorientierte Didaktik Teil III. Beltz. |
7.2 Feedback
In Bearbeitung …
7.3 Evaluation
In Bearbeitung …
7.3.1 Evaluationsprozess

7.3.2 Evaluatoren
Lehrer:innen – Tutor:innen – Studierende – Peer group
7.3.3 Bewertungsprotokolle
Aufbau

Evaluationskriterien – Items
In Bearbeitung …
Skalierung
In Bearbeitung …
Gewichtung
In Bearbeitung …
7.3.4 Bewertungswerkzeug – Nutzwertanalyse
Die Nutzwertanalyse kann sowohl im wirtschaftlichen und technischen Bereich im Bereich der Produktentwicklung eingesetzt werden als auch im Bereich der (Kompetenz)Bewertung und Evaluation.

7.3.5 Auswertungsdarstellung

Querverweis
Links
Links Bildungsserver Baden Württemberg
http://www.schule-bw.de/
Gabler Wirtschaftslexikon
Online https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/nutzwertanalyse-42926
Stangl Arbeitsblätter
http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/PRAESENTATION/portfolio.shtml
Literatur
Burmester, J. et al. (2017): Fachkunde Metall. 58., neu bearbeitete Auflage. Haan-Gruiten: Verlag EuropaLehrmittel Nourney Vollmer GmbH & Co.KG.
Dubbel, H.; Beitz, W.; Grote, K.H. (Hg.) (2001): Taschenbuch für den Maschinenbau. Mit Tabellen. 20., neubearb. und erw. Aufl. Berlin: Springer.
Grünig R., Kühn R. (2013): Das Entscheidungsverfahren im Überblick. In: Entscheidungs-verfahren für komplexe Probleme. Berlin, Heidelberg: Springer Gabler.
Online: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-642-31460-5 (Stand 10.06.2018).
Pahl G., Beitz W., Feldhusen J., Grote KH. (2003): Methoden zur Produktplanung, Lösungs-suche und Beurteilung. In: Pahl/Beitz Konstruktionslehre. Berlin, Heidelberg: Springer. S. 90 ff.
VDI- Richtlinie: VDI 2225 Blatt 1: Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte.
